Während Guido Kunze und sein Team zunehmend organisatorische Nachfragen aus Obereggen im Ski Center Latemar erreichen, ob denn alles nach Plan laufe und das Projekt in wenigen Tagen zu Ende gehe, entwickelte der Thüringer beim ersten Pass des zwölften Tages nachgerade Heimatgefühle. Die Forcella del Monte Rest nahe Tolmezzo erinere mächtig an den Brocken im Harz. Einschließlich des Wetters. Denn auch diesen Pass erklomm Guido Kunze im Nieselregen.
Eigentlich war der Pass nur deshalb ins Programm gerutscht, weil im strömenden Regen am Vorabend beschlossen worden war, statt vom Monte Zoncolan planmäßig nach Norden via Plöckenpass nach Osttirol zu fahren, die Strecke nach Süden zu legen, den Monte Rest (1052 m) auf der Nordseite hinauf und wieder hinabzufahren und den Kreuzbergpass/Passo del Monte Croce di Comelico (1636 m) nicht von Innichen im Norden, sondern von Santo Stefano im Süden anzufahren, wohin Guido Kunze über die Sella di Razzo (1760 m) gelangte. Einerseits ergab das mehr Höhenmeter als der Urkurs (zumal lt. Passschild der Pass gar 1800 m hoch war, unter dem Titel Sella di Rioda). Andererseits war der Wetterbericht für die südlichen karnischen Alpen geringfügig besser als für Kärnten und Osttirol. Etwas mehr Höhenmeter zu sammeln, klappte. Das Wetter meinte es erneut nicht gut mit dem Thüringer.
Nur den letzten Pass des Tages, Passo Tre Croci (1809 m), vor der Schlussabfahrt nach Cortina d'Ampezzo, querte Guido Kunze bei Sonnenschein. Einmal mehr war es fast den gesamten Tag nichts mit beeindruckenden Bergsilhouetten inmitten der Dolomiten. Und so ist es schließlich gekommen, wie es angesichts der Dauerregenfahrten früher oder später kommen musste: Der Kräfteverschleiß wird durch eine Erkältung verstärkt. Keine schlimme, nichts, was Sorgen machen müsste, aber doch ausreichend, dass auch körperlich nicht mehr alles so ist, wie es ideal sein könnte. Schon gar, wo mit Furkelsattel, Giau, Fedaia und den vier Pässen rund um den Sellastock in den nächsten beiden Tagen noch einmal allerhand Höchstschwierigkeiten warten.
Kaum am Campingplatz für die Nacht in Cortina angekommen, zog sich im übrigen der Himmel wieder zu. Das eigentlich beeindruckende Bergpanorama von Monte Cristallo zu Croda da Lago verschwand in dichten Wolken. Der Wetterbericht verspricht für die Zentraldolomiten und das Pustertal wolkig mit Schauern für den morgigen Samstag. Die Schauer könnten – endlich einmal – ausbleiben.
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